Morgens, halb sieben in Deutschland…
…und mein Tag fängt an, bevor ich überhaupt wach bin. Ich heiße Melanie, bin 51, alleinerziehende Mama von zwei Jungs und lebe in einem Paralleluniversum namens „ständiger Überlebensmodus“. Meine Kinder heißen (zumindest hier) Noah und Paul. Paul ist acht, Noah dreizehn. Eine ganz normale Familie? Hahaha – nein.
Paul, das Multitalent medizinischer Diagnosen
Paul bringt es locker auf mehr Diagnosen als ich auf Instagram-Follower: Autismus, motorische Probleme, Wahrnehmungsstörungen (sowohl hören als auch sehen), Skoliose und zwei unterschiedlich lange Beine. Wenn’s ’ne Pokémon-Karte für medizinische Besonderheiten gäbe – Paul hätte den goldenen Glitzerrahmen.
Schlafen ist bei ihm Nebensache. Schlafwandeln, einnässen, wach sein – das volle Programm. Und bei mir? Gönn dir mal 3-Stunden-Powernapping mit Unterbrechungen. Mein Kaffee hat mittlerweile seinen eigenen Namen und eine emotionale Bindung zu mir aufgebaut.
Bürgergeld? Eher Bürgergraus.
Nach der Trennung habe ich noch versucht, mich in der Gastro durchzuwursteln. Aber Mobbing ist leider kein Bonuslevel, sondern eher der Endgegner. Kündigung, Absturz ins Bürgergeld. Ab da war Tafel mein Supermarkt Nummer eins – und ja, ich kenne dort jeden Angestellten beim Vornamen.
Kindergeld und Unterhalt werden komplett angerechnet – logisch, wie könnte man als Alleinerziehende auch auf die Idee kommen, dass Kinder kosten? Ironie aus. Ich hab den Gürtel so eng geschnallt, dass er mittlerweile durchtrennt ist. Und trotzdem: Irgendwie ging’s weiter.
Raus aus dem Bürgergeld, rein ins nächste Problem
Aktuell arbeite ich in der Alltagsbegleitung bei einem Pflegedienst. Als gelernte Arzthelferin will mich niemand – Vormittagsarbeitszeiten? Hahaha. Paul kommt um 13 Uhr nach Hause, da ist nix mit Schichtdienst oder Spätschicht. Und Pflege? Danke, aber meine Kinder sabotieren Schichtpläne komplett.
Taxifahren? Hab ich mir nebenbei mit Taxi-Schein draufgepackt – bringt aber auch nix, wenn man nur halbtags verfügbar ist. Zwischendurch überlege ich manchmal: Entweder Vollzeit malochen und Paul kicken seine Therapien – oder sich weiterhin irgendwie durchhangeln. Spoiler: Ich hab mich fürs Hangeln entschieden. Superman hatte auch keinen Stundenlohn, oder?
Wenn Tiefkühlpizza der Luxus ist
Mein Gehalt reicht so gerade bis zur nächsten Nebenkostenabrechnung. Wohngeld? Ja! Kinderzuschlag? Abgelehnt, danke für nix. Tafel ist weiter unser bester Freund, und wenn’s Sonderangebote gibt, bin ich schneller da als alle Schnäppchenjäger. Milch vom Bauernhof einer Freundin – klingt ländlich-romantisch, ist aber einfach nur billiger.
Pizzeria? Höchstens einmal im Quartal. Und auch dann: Die Jungs schlagen rein, ich tu so, als hätte ich keinen Hunger. Tiefkühlpizza ist unser Michelin-Moment. Kleidung? Second Hand, alles außer Schuhe – da gönne ich echte Sohlenqualität. Zum Glück sind meine Jungs keine Markenjunkies – der Große kämpft zwar mit Gymnasium und Pubertät, aber Adidas ist ihm noch wurscht.
Freizeit? Eher so ein Konzept wie Einhornreiten
Urlaub? Hahahahaha… Nein. Freizeitaktivitäten? Wenn überhaupt mal in den Heimtierpark – Eintritt: null Euro, Preis: unbezahlbar für die Seele! Kino ist ein Highlight, aber 50 Euro für Popcorn und „Hey Mama, darf ich nochmal gucken?“ sind halt nicht drin. Da wird die Cola heimlich im Rucksack geschmuggelt und ich ess nix.
Noah ist regelmäßig im „Jugendwerk“, immerhin. Basketball, Breakdance, Erste Hilfe – und das alles ohne einen Cent extra. Paul? Schwierig – er kommt mit fremden Menschen nicht klar, hat am Nachmittag Therapien. Also bleibt er meistens bei mir, mein kleiner Schatten mit großem Herzen.
24/7 – also quasi Dauerfeuer Modus
Familie zur Unterstützung? Pff. Meine Mutter ist Geschichte, mein Vater auch. In NRW lebt etwas Verwandschaft, die ab und zu hilft – aber halt auch nicht jeden Tag. Wenn ich auf einen Elternabend will, brauch ich einen Babysitter. Die Suche danach ist etwa so einfach wie ein Hörgerät für einen Fisch.
Die beiden Jungs zusammen kann ich nicht allein lassen – Feuer und Wasser ist nett gesagt. Ich bin immer gefragt, ohne Pause, ohne Netz. Die Väter? Zitat aus dem Lehrbuch „Wie beteilige ich mich möglichst wenig“: Unterhalt nach Gerichtsbeschluss reicht ja, oder?
Mein Leben? Hatte ich mir mal anders vorgestellt.
Mit 51 dachte ich, ich hätte einen verlässlichen Partner an meiner Seite, vielleicht ein paar Fältchen weniger und ein bisschen mehr auf’m Konto als leere Cornflakes-Schachteln. Stattdessen lebe ich jeden Tag im Jetzt. Weiterdenken? Zukunftsplanung? Haha… erst mal schauen, was nächste Woche auf dem Speiseplan steht.
Aber hey – ich lebe. Und auch wenn mein Leben gerade eher Daily Survival Game als rosarotes Wohlstandsmärchen ist: Ich bin noch da. Mit Humor, mit Energie und einem ganz leisen Traum, dass es für uns irgendwann leichter wird. Bis dahin? Weiterhangeln. Immer weiterhangeln.
Quelle: basierend auf einer wahren Geschichte und redaktionell angepassten Inhalten






